Aesthetics Update #18

Neue Daten zum Sehverlust durch Filler: Prognosefaktoren, Behandlungsansätze und Fallberichte zwischen 2018-2023

Doyon et. al. (2024)

Einleitung

Die Verwendung von Fillern zur Gesichtsverjüngung hat weltweit zugenommen und der Markt wächst rasant. Dennoch ist eine der seltensten, aber schwerwiegendsten Komplikationen die Erblindung, die durch die versehentliche intravaskuläre Injektion von Fillern verursacht wird. Diese Übersichtsarbeit von Doyon et.al. aus 2024 erweitert die bisherige Studienbasis und analysiert neue Fälle von Filler-induzierter Blindheit zwischen 2018 und 2023. Ziel dieser Studie war es, Risiken, prognostische Faktoren und aktuelle Behandlungsansätze genauer zu beleuchten.

Zusammenfassung der Studie

Insgesamt wurden 365 neue Fälle von Sehverlust und/oder Erblindung nach Filler-Injektionen identifiziert. Die häufigsten Injektionsstellen, die zu Sehverlust führten, waren die Nase (40,6 % der Fälle), die Stirn (27,7 %) und die Glabella (19,0 %). In 79,6 % der Fälle war Hyaluronsäure das verwendete Füllmaterial. Die häufigsten Begleitsymptome waren Ptosis (56,2 %), Ophthalmoplegie (44,1 %), Schmerzen (31,2 %) und Hautveränderungen (73,2 %). Nur 6 % der PatientInnen erhielten ihre volle Sehkraft wieder, während 68,2 % keinerlei Verbesserung erfuhren. Der wichtigste prädiktive Faktor für eine Seherholung war eine teilweise erhaltene Sehkraft zum Zeitpunkt des Ereignisses.

Methodik

Die AutorInnen führten eine systematische Literatursuche in den Datenbanken MEDLINE, EMBASE und Web of Science durch. Untersucht wurden Studien, die zwischen September 2018 und März 2023 veröffentlicht wurden und Fälle von Blindheit durch Filler dokumentierten. Insgesamt wurden 63 Studien mit 365 neuen Fällen analysiert. Die Studien stammten aus 21 verschiedenen Ländern, wobei die meisten Fälle aus China (61,9 %) und Südkorea (25,5 %) gemeldet wurden. Es wurde besonderer Wert auf die Injektionsstelle, das verwendete Füllmaterial, Begleitsymptome, durchgeführte Behandlung nach Auftreten der Sehstörung und die Veränderung der Sehfähigkeit gelegt.

Ergebnisse

Von den 365 Fällen von Sehverlust nach Filler-Injektionen, war Hyaluronsäure das am häufigsten verwendete Material, das in 289 Fällen (79,6 %) zum Einsatz kam. Andere Füllmaterialien waren autologes Fett (13,5 %), Kollagen (1,9 %), Calciumhydroxylapatit (1,6 %) sowie seltenere Substanzen wie Poly-L-Milchsäure (1,1 %) und plättchenreiches Plasma (1,4 %).

Die häufigsten Injektionsstellen, die mit dem Sehverlust in Verbindung gebracht wurden, waren:

  • Nase: 40,6 % (163 Fälle),

  • Stirn: 27,7 % (111 Fälle),

  • Glabella: 19,0 % (76 Fälle).

Diese drei Regionen wurden in der Mehrzahl der Fälle als Hochrisikobereiche identifiziert. Injektionen in den Nasenbereich führten vor allem bei Injektionen an der Nasenwurzel und dem Nasenrücken zu Komplikationen.

 

Begleitsymptomatiken:

  • Ptosis (hängendes Augenlid) trat in 56,2 % der Fälle auf,

  • Ophthalmoplegie (Augenmuskellähmung) in 44,1 %,

  • Schmerzen in 31,2 %,

  • Hautveränderungen wie Blässe oder Blasenbildung in 73,2 %.
    19,2 % der Fälle zeigten zudem schlaganfallähnliche Symptome.

 

Sehverlust und Wiederherstellung:
Von den 318 Fällen, die eine visuelle Prognose berichteten, erholten nur 6,0 % (19 Fälle) vollständig ihre Sehkraft. 25,8 % (82 Fälle) zeigten eine teilweise Verbesserung, während 68,2 % (217 Fälle) keine visuelle Verbesserung erfuhren. Interessanterweise zeigte die Analyse, dass der Erhalt einer teilweisen Sehkraft zum Zeitpunkt des Ereignisses ein signifikanter prädiktiver Faktor für eine spätere Verbesserung war (p < 0,001).

 

Behandlungen:
Zu den häufigsten Behandlungen gehörten:

  • Subkutane Hyaluronidase-Injektionen (70,1 % der Fälle),

  • Systemische Steroide (57,3 %),

  • Intraarterielle Thrombolyse (56,0 %).

Keines dieser Verfahren zeigte jedoch eine statistisch signifikante Korrelation mit einer Verbesserung der Sehkraft. Der Nutzen von Hyaluronidase, die subkutan an der Injektionsstelle verabreicht wurde, wurde zwar oft diskutiert, doch der klinische Nutzen zur Wiederherstellung der Sehkraft war gering.

Relevanz für die klinische Praxis

Diese Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen Planung und Durchführung von Filler-Injektionen, insbesondere in den Hochrisikoregionen des Gesichts. Die AutorInnen betonen, dass ÄrztInnen Ihr anatomisches Wissen über den Gefäßverlauf im Gesicht stärken müssen und über Notfallprotokolle verfügen sollten, um im Falle einer Sehstörung rasch reagieren zu können. Besonders wichtig ist es, die PatientInnen VOR der Behandlung über die möglichen Risiken einer Behandlung, einschließlich der Erblindung, ausführlich aufzuklären. Idealerweise werden diese Hochrisikogebiete nicht mit Fillern (wie z.B. Hyaluron) behandelt.

Da die gegenwärtigen Behandlungsmöglichkeiten keine verlässliche Verbesserung der Sehfähigkeit bieten, liegt der Schwerpunkt in der Prävention. Dies erfordert fundiertes anatomisches Wissen, den vermehrten Einsatz von stumpfen Kanülen und das Injizieren kleiner Füllvolumina mit niedrigem Druck.

Conclusio

Die Filler-induzierte Erblindung bleibt eine seltene, aber schwerwiegende Komplikation. Die Analyse der 365 neuen Fälle zeigt, dass die Nase, Stirn und Glabella die gefährlichsten Injektionsstellen sind. Trotz der verschiedenen Behandlungsansätze bleibt die Prognose für die betroffenen PatientInnen oft schlecht. Die beste Strategie bleibt die Prävention, indem ÄrztInnen sowohl die Risiken minimieren als auch auf Notfallsituationen vorbereitet sind.

Auf einen Blick

  • Häufigste Filler: 79,6 % Hyaluronsäure, 13,5 % autologes Fett.

  • Hochrisiko-Injektionsstellen: Nase (40,6 %), Stirn (27,7 %), Glabella (19,0 %).

  • Erholung der Sehkraft: Nur 6 % erholten sich vollständig, 68,2 % zeigten keine Verbesserung.

  • Behandlungen: Subkutane Hyaluronidase (70,1 %), Steroide (57,3 %) und intraarterielle Thrombolyse (56,0 %) ohne signifikanten Effekt auf die Sehkraft.

  • Wichtig für die Praxis: Prävention ist der Schlüssel; ÄrztInnen sollten über Notfallprotokolle verfügen und Hochrisikoregionen vermeiden.

Quelle:
Doyon, V. C., Liu, C., Fitzgerald, R., Humphrey, S., Jones, D., Carruthers, J. D. A., & Beleznay, K. (2024). Update on Blindness From Filler: Review of Prognostic Factors, Management Approaches, and a Century of Published Cases. Aesthetic Surgery Journal, 44(10), 1091–1104. https://doi.org/10.1093/asj/sjae091

Haftungsausschluss: Diese Informationen stellen keine medizinische Beratung dar und ersetzen nicht die Konsultation eines Arztes. Keine Haftung wird für die in dieser Analyse dargestellten Inhalte übernommen.

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