Aesthetics Update #19
Neues Hochdosis-Puls Hyaluronidase-Protokoll für vaskuläre Komplikationen durch Hyaluronsäure-Filler
DeLorenzi et al. (2017)
Einleitung
Die versehentliche Injektion von Hyaluronsäure (HA)-Filler in Blutgefäße kann schwerwiegende Folgen wie Ischämie, Gewebenekrose oder sogar Erblindung haben. Um diese Komplikationen effektiv zu behandeln, hat sich das Hochdosis-Puls Hyaluronidase-Protokoll (HDPH) als deutlich wirksamer erwiesen als ältere Protokolle. Dieses neue Vorgehen verwendet wiederholte, hochdosierte Injektionen von Hyaluronidase, um HA-bedingte Gefäßverschlüsse effizient aufzulösen. Dieser Artikel von De Lorenzi vergleicht das in dieser Studie neu entwickelte Protokoll mit dem früher verwendeten Ansatz und erklärt, warum das HDPH signifikant bessere Ergebnisse erzielt.
Vergleich zum alten Protokoll
Das frühere Protokoll, das häufig zur Behandlung vaskulärer Komplikationen durch HA-Filler eingesetzt wurde, basierte auf einmaligen Hyaluronidase-Injektionen in relativ niedrigen Dosen (450 bis 600 I.E. täglich) und ergänzenden Maßnahmen wie Nitropaste (zur Vasodilatation) und hyperbarem Sauerstoff. Obwohl es in vielen Fällen half, den Gefäßverschluss zu lindern, traten oft Teilheilungen auf, die mit Blasenbildung, Krusten und leichten Narben einhergingen. Besonders bei größeren ischämischen Arealen, wie der Nase, Stirn oder dem Bereich um die Augen, waren die Ergebnisse nicht immer zufriedenstellend.
Mit diesen Einschränkungen im Kopf führte DeLorenzi das neue HDPH-Protokoll ein, das auf zwei wesentlichen Änderungen basiert:
Höhere Dosen von Hyaluronidase, angepasst an die Größe des betroffenen Gewebes.
Stündliche, wiederholte Injektionen anstatt einer einmaligen Verabreichung.
Diese beiden Anpassungen haben die Ergebnisse signifikant verbessert, indem sie den betroffenen Bereich kontinuierlich mit Hyaluronidase „fluten“, um den Filler vollständig und schnell aufzulösen.
Methodik
Das HDPH-Protokoll wurde bei mehr als 50 PatientInnen angewendet, die nach HA-Filler-Injektionen vaskuläre Komplikationen erlitten hatten. Diese PatientInnen wiesen unterschiedliche ischämische Symptome auf, darunter Blässe, eine verzögerte Rekapillarisierungszeit und Schmerzlosigkeit in den betroffenen Bereichen. Die Methodik des Protokolls umfasste folgende Schritte:
Diagnose und Dosisanpassung: Die Diagnose der Ischämie wurde klinisch gestellt, indem Hautfarbe, Rekapillarisierungszeit und andere klinische Zeichen der Durchblutungsstörung beurteilt wurden. Für kleine ischämische Bereiche, wie eine Lippenhälfte, wurden ca. 450 I.E. (3 ml) Hyaluronidase injiziert. Wenn größere Bereiche wie die Nase und Lippen betroffen waren, wurden die Dosen auf 900 I.E. (6 ml)oder mehr angepasst.
Stündliche Verabreichung: Hyaluronidase wurde stündlich in die betroffenen Bereiche injiziert. Die Behandlungsintervalle betrugen dabei etwa 60 bis 90 Minuten, und die Injektionen wurden so lange wiederholt, bis sich die Hautfarbe und die Rekapillarisierungszeit normalisierten. Die durchschnittliche Anzahl der Behandlungen lag bei 3 bis 4 Sitzungen, in einigen Fällen waren jedoch bis zu 9 Sitzungenerforderlich.
Beobachtung und Erfolgskriterien: Der klinische Erfolg der Behandlung wurde anhand der Rückkehr der normalen Hautfarbe, der Rekapillarisierungszeit und der Schmerzfreiheit bewertet. In allen Fällen führte die stündliche Verabreichung von Hyaluronidase zu einer vollständigen Wiederherstellung der Durchblutung ohne dauerhafte Gewebeschäden.
Anpassung an die Größe des betroffenen Gewebes: Größere Bereiche, wie z.B. Stirn oder Nase, erforderten höhere HYAL-Dosen von bis zu 1500 I.E. pro Sitzung, um den gesamten ischämischen Bereich mit dem Enzym zu „fluten“ und den Filler vollständig aufzulösen.
Ergebnisse
Das HDPH-Protokoll hat sich in allen Fällen als äußerst effektiv erwiesen, wenn es innerhalb von 72 Stunden nach dem ischämischen Ereignis angewendet wurde. In über zwei Jahren klinischer Anwendung wurde kein Fall von Hautverlust oder bleibenden Schäden gemeldet. Im Vergleich zu früheren Behandlungsansätzen, die weniger aggressive Dosen und zusätzliche Behandlungen wie Nitropaste und hyperbaren Sauerstoff verwendeten, wurden signifikante Verbesserungen festgestellt:
Behandlungszeit: Die meisten Patienten zeigten nach 3-4 Sitzungen eine vollständige Wiederherstellung der Hautfarbe und Durchblutung.
Nebenwirkungen: Es gab keine Berichte über langfristige Komplikationen oder Narbenbildung. Lediglich vorübergehende Hautrötungen und Injektionsreaktionen waren üblich, was als normale Folge der wiederholten Injektionen angesehen wird.
Wirkmechanismus: Der Schlüssel des Protokolls liegt darin, den gesamten ischämischen Bereich ausreichend mit HYAL zu behandeln, um die HA in kleinere Bestandteile aufzuspalten, die dann durch das Kapillarnetz abtransportiert werden können. Dieses kontinuierliche "Auffüllen" mit HYAL verhindert, dass sich der Filler in andere Gefäßabschnitte verlagert und die Ischämie verlängert.
Relevanz für die klinische Praxis
Das HDPH-Protokoll bietet ÄrztInnen eine zuverlässige Methode zur Behandlung von HA-Filler-bedingten Gefäßverschlüssen, die im klinischen Alltag einfach anzuwenden ist. Es erfordert keine speziellen diagnostischen Geräte und basiert auf der klinischen Beobachtung. Wichtig ist, dass die Behandlung unmittelbar nach der Diagnose begonnen wird, um das Risiko von Gewebeschäden zu minimieren. In den meisten Fällen reicht eine Behandlung innerhalb von 72 Stunden aus, um schwerwiegende Komplikationen wie Nekrosen zu verhindern.
ÄrztInnensollten bei der Anwendung des Protokolls bedenken, dass die Dosis an HYAL von der Größe des betroffenen Bereichs abhängt und gegebenenfalls in mehreren Schritten verabreicht werden muss, um den gesamten ischämischen Bereich zu erreichen.
Conclusio
Das Hochdosis-pulsierte Hyaluronidase-Protokoll (HDPH) hat sich laut dieser Studie als überlegen in der Behandlung vaskulärer Komplikationen durch HA-Filler erwiesen. Die einfache Handhabung, gepaart mit der wiederholten Verabreichung hoher HYAL-Dosen, ermöglicht eine schnelle und vollständige Wiederherstellung des ischämischen Gewebes. Dieses Protokoll sollte als Goldstandard für die Behandlung von Filler-bedingten vaskulären Ereignissen in Betracht gezogen werden.
Auf einen Blick
Protokoll: Stündliche Injektionen von Hyaluronidase, angepasst an die Größe des ischämischen Bereichs.
Dosis: 450-1500 I.E. HYAL, abhängig von der Größe des betroffenen Gewebes.
Behandlungszeit: Im Durchschnitt 3 bis 4 Sitzungen, bei schwereren Fällen bis zu 9.
Erfolge: Vollständige Heilung ohne Gewebeschäden bei Anwendung innerhalb von 72 Stunden.
Wichtig für die Praxis: Klinische Diagnose und sofortiger Behandlungsbeginn sind entscheidend.
Quelle:
DeLorenzi, C. (2017). New High Dose Pulsed Hyaluronidase Protocol for Hyaluronic Acid Filler Vascular Adverse Events. Aesthetic Surgery Journal, 1-12. https://doi.org/10.1093/asj/sjw251
Haftungsausschluss: Diese Informationen stellen keine medizinische Beratung dar und ersetzen nicht die Konsultation eines Arztes. Für die in dieser Analyse dargestellten Inhalte wird keine Haftung übernommen.